Karte von Shikoku mit den 88 Haupt- und 20 Nebentempeln


Mittwoch, 7. Oktober 2009

Dienstag, 31.03.09, Kochi, Tosa, Kokumin-shukucha Tosa Hotel

Der 16. Tag in Japan

Wir stehen heute um 7.00 Uhr auf, da wir uns mit dem Engländer zum Frühstück verabredet haben. Zum Frühstück gibt es leider nur Tee, keinen Kaffee. Hajo klönt noch mit den jungen Engländer und geht nach dem Frühstück noch kurz ins Internet, da Herr Ikegawa, wie der Hotelbesitzer heißt, uns gegen 9.00 Uhr zur nächsten Bushaltestelle fahren will. Das ist doch Service – nicht dass man nur hochgekarrt wird, nein – jetzt hilft er uns auch noch auf dem schnellsten Weg zurück. Ich hatte eigentliche gedacht, dass er uns hier am Ende der Brücke am Skyline-iriguchi Bus Stopp wieder rauslassen würde, aber er fährt noch ein ganzes Stück die Yokonami, eine Küstenstraße durch den Yokonami National Park, entlang. Er zeigt uns eine Henrohütte, die kurz hinter der Usa-Ohashi Brücke steht. Die hat er gespendet, verkündet er uns stolz, sie ist sogar mit Tatami Matten ausgestattet. Er erklärt uns, dass die Weiterreise ab hier eigentlich mit dem Schiff erfolgen sollte, da das die traditionelle Weise ist, wie man früher, als die ganzen Brücken und Straßen noch nicht gebaut waren, zum nächsten Tempel gereist ist. Jetzt auch noch Seekrank werden, dazu habe ich keine Lust, obwohl ich sonst immer für die traditionelle Weise zu begeistern bin. Aber da wir ohnehin mit dem Bus vorankommen, spielt das dann wohl auch keine Rolle. Ich will die Tour nicht schnell hinter mich bringen, sondern das Pilgern genießen, ich will Erfahrungen machen und von der Landschaft berührt werden! Hajo hat gestern noch mit dem Engländer erörtert, dass er als Marathonläufer das Loch ab Kilometer 35 kennt, toll – ich aber nicht. Vielleicht will ich gerade diese Erfahrung hier machen und meinen inneren Schweinehund bezwingen, das soll hier doch keine Spritztour werden, sondern eine Pilgerreise!

Es ist bewölkt und einige Regentopfen fallen aus dem grauen Himmel. Auf die Wale angesprochen, in Hafen von Usa gibt es einen Aussichtpunkt für „Whale Watching“, erklärt uns Herr Ikegawa die üblichen Ausreden, die Japaner im Bezug auf Walfang haben. Aber die Jagd zu Forschungszwecken wird nicht aufgegriffen, nein – die dichte Population an Walen soll den Japanern die Fische wegfressen. Früher war die Bezeichnung für „Wal“ das gleiche Wort wie für „Essen“ bzw.“ Mahlzeit“, erklärt er uns. Ich weiß nicht warum Japaner bei diesem Thema immer so empfindlich reagieren. Aber es wird als japanisches Privileg gesehen, Walfleisch zu essen, dabei mag die junge Generation das Notessen, was es nach dem Krieg war, gar nicht. Es sind eigentlich nur die Alten, die noch stur an der Tradition festhalten. Man kann nur das Ernten, was im Überfluss vorhanden ist. Ich verzichte auch auf meine heißgeliebte Scholle, seit ich gehört habe, dass die Bestände überfischt sind. Mal ganz davon abgesehen, dass ich nicht verstehe wie ein so naturbezogenes Volk wie die Japaner alle Warnungen in den Wind schießen können. Aber das ist wohl Teil der japanischen Kultur – Gegensätze überwinden: Hier Moderne – da Tradition, hier Zen und Buddhismus da Technik und Internet, hier beheizbare und ferngesteuerte Toiletten – da Plumpsklos, die nicht einmal mehr „plumps“ machen, weil es keine Grub gibt!

Endlich haben wir die Bushaltestelle erreicht. Wir bedanken uns für die Gastfreundschaft und Herr Ikegawa wünscht uns noch eine gute Reise. Da dieser Busbahnhof, oder ist es eine Haltestelle, nicht in unserem Kartenmaterial verzeichnet ist, hätten wir ihn ohne die Hilfe von Herrn Ikegawa gar nicht erst gefunden. Aber wir haben doppeltes Glück, da heute der letzter Tag ist, an der diese Buslinie offiziell noch fährt. Mehr kriegen wir aus dem Busfahrer leider nicht raus, so z.B. ob es der allerletzte Tag ist oder ob es nur für die Saison der letzte ist und die Linien im Herbst wieder gefahren wird. Auf alle Fälle geht es bis zur Bahnstation Susaki Station, da in der Nähe der Bangai Tempel Nr. 5 liegt, den wir besuchen wollen.
Ab hier sind es noch so ca. 3 km, die wir durchs Wohngebiet laufen müssen, der
Bangai Tempel Daizenji liegt hier auf einem Hügel. Wir passieren die „Kawabata Symbol Road„, hier ist am Straßenrand ein richtiger kleiner Park mit Flusslauf und Kirschbäumen angelegt. Ich nehme mir fest vor, auf der Rücktour ein paar Fotos zu machen, da Hajo ein derartiges Tempo vorlegt, als würden ihn japanische Oni (Teufel) jagen. Der Tempel ist mit so einer Art Fahrstuhl zu erreichen, aber wenn man ein Stückchen weiter um die Ecke läuft, kann man auch die Stufen zum Tempel benutzen. Da wir noch nicht allzu lädiert sind, Hajos Bein ist in medikamentöser Behandlung, nehmen wir die paar Stufen gerne in Kauf.

Exkurs Bangai Tempel Nr. 5 Daizenji (大善寺)
„Der Tempel der großen Tugend“ wurde von Kōbō Daishi gegründet und ist der einzige Tempel auf der Pilgertour, der Kōbō Daishi als Hauptgottheit (Honzon) geweiht ist. Viele Gebäude sind erneuert worden, deshalb wirkt der Tempel relativ frisch und hell. Vor allem die Daishi-Halle (Dashi-dō) ist neu und liegt jetzt am Fuße des Berges. Es gibt hier sogar eine Art Lift, der auch diejenigen zur Halle bringt, die die wenigen Stufen bis dahin nicht steigen können. Mitten im Wohngebiet, auf einer Anhöhe liegend, hat man einen tollen Ausblick über die Bucht.

Der Tag ist noch jung. Es ist zwar zu früh, um Mittag zu essen, aber da wir nicht wissen, wann wir die nächste Gelegenheit haben „Nabeyaki Ramen“ zu probieren, kehren wir in eine kleine Kneipe ein. Nabeyaki Ramen, so sagt unser Pilgerführer, wird nur in Susaki City serviert. Es ist eine Ramen Nudelsuppe, also chinesische, dünne Weizennudeln in Hühnerbrühe mit grünen Zwiebeln, Fischwurst (kamaboko) und einem rohen Ei. Ja, richtig gehört, der Genuss von rohen Eiern ist in Japan durchaus üblich. Als Dipp beim Sukiyaki (japanisches Fondue) oder um den Frühstücksreis schmackhafter zu machen. Obwohl ich zugeben muss, dass das Ei meist gerinnt, da die Suppe extrem heiß in einem Steinguttopf serviert wird. Da wir den Namen des Gerichts kennen, welches wir essen wollen, haben wir mit der Bestellung weniger Schwierigkeiten, dann schon eher beim Essen der wirklich heißen Spezialität.

Zurück am Susaki Bahnhof wollen wir mit der JR Dosan Linie bis Kubokawa fahren, hier liegt Tempel Nr. 37 direkt um die Ecke. Es beginnt mal wieder das Spiel mit den Fahrkarten – Express oder Local Train, 1600 Yen oder 530 Yen – zwar können wir unsere Expresskarten mal wieder umtauschen, verlieren aber satte 1,5 Stunden durch das Warten.

Exkurs Tempel Nr. 37 Iwamotoji (岩本寺)
„Der Tempel des steinigen Weges“ bestand ursprünglich aus 7 Tempeln, die von Gyōgi auf Geheiß des Kaisers Shōmu im 8. Jahrhundert unter dem Namen „Niida“ gegründet worden sind. Niida heißt noch heute der Fluss, der in der Nähe fließt. Damals hieß der zentrale Tempel Fuku Enmanji (福円満寺; Tempel des vollständigen Glücks). Die Zahl 7 spielt hier eine besondere Rolle: Gyōgi wollte hier den sieben Formen des Leidens den sieben Formen des Glücklichseins gegenüberstellen. Zwischen 810 und 823 baute Kōbō Daishi hier weitere Gebäude, die er mit selbst geschnitzten Statuen von Amida Nyorai, Kannon Bosatsu, Fudō Myōō, Yakushi Nyorai und Jizō Bosatsu ausstattete. Ein bekannter japanischer Spruch lautet:

Fudō, um den Einfluss des Bösen zu entkommen,
Kannon für das Glück,
Jizō kümmert sich um die Kinder,
Amida für das zukünftige Leben,
Yakushi, um das Böse zu besiegen.

Aber auch alle diese Buddhas und Bosatsus konnten nicht verhindern, dass die Gebäude im 16. Jahrhundert von Chōsokabe Truppen niedergebrannt wurden. Erst mit der Hilfe des obersten Priesters aus dem Tempel Nr. 38 (Kongfukuji) konnte er wiederaufgebaut und umbenannt werden.1867 brannte er abermals nieder, wurde 1869 unter dem Gesetzt zur Trennung von Buddhismus und Shintoismus geschlossen, aber schon 1890 mit der Vereinigung aller Statuen in einem gemeinsamen Hondō (Haupthalle) wiedereröffnet. Der ursprüngliche Niida-Tempel stand früher am Shimanto Fluss, an der Stelle, wo heute der Takaoka Schrein steht. Der Shimanto Fluss ist der längst auf Shikoku und der einzige seiner Größe in Japan, der nicht eingedämmt worden ist. Der Legende nach soll Kōbō Daishi hier 7 Wunder vollbracht haben, die wie folgt benannt werden:

1. Sando-kuri (dreimalig Kastanien): Als Kōbō Daishi hier einen weinenden Jungen traf, der keine Kastanien pflücken konnte, sang der Mönch ein Lied und fortan konnten drei Ernten pro Jahr die Einwohner erfreuen.

2. Koyasu-zakura (Kirschblüte für eine leichte Geburt): Kōbō Daishi traf eine schwangere Frau unter einem Kirschbaum, deren Niederkunft schwierig zu werden schien. Er betete also und schlug am Waschbecken des Tempels den Boden der Schöpfkelle heraus. Die Frau hat eine komplikationslose und leichte Geburt.

3. Kuchi-nashi Hiru (Die mundlose Egel): Durch Gebete von Kōbō Daishi verwandelten sich Blutegel, die sonst die Pilger gequält hatten, in mundlose Würmer.

4. Sakura-gai (Die Kirschblüten Muscheln): Kōbō Daishi weinte, als er in den Tempel kam, um das Fallen der Kirschblüten zu sehen, das sie in diesem Jahr schon früher verblüht waren. Der Drachengott der See schickte Muscheln, die, als sie die Erde berührten, sich in Kirschblüten verwandelten und so das Herz des Mönchs beruhigten.

5. Fude-kusa (Das Pinselgras): Als Kōbō Daishi seinen Pinsel beiseite legte, um den Mond zu betrachten, schlug das Schreibgerät Wurzeln ins Erdreich.

6. Totatezu-no Shoya (Das Haus ohne Tür): Als Kōbō Daishi für die Sicherheit eines Landbesitzers betete, der gerade ausgeraubt worden war, wurde es unmöglich für Diebe ins Haus zu gelangen, auch wenn die Tür angelweit offen stand.

7. Shiri-nashi-gai (Die fußlosen Muscheln): Im Fluss Sakase in der Nähe von Ono (Ashu) gab es Muscheln, die mit ihren spiralförmigen, scharfen Schalen immer wieder die Füße der Pilger verletzten, die durch den Fluss wateten. Nach einem Gebet Kōbō Daishis rundeten sich die Schalen ab und so konnten die Pilger unverletzt das Ufer erreichen.

Sehenswert ist auch die Decke der Haupthalle, die 1978 mit 575 Bildern bestückt worden ist, die aus ganz Japan zusammengetragen worden sind. Von Buddhas, Geishas, Blumen und Pflanzenmotiven, Tierdarstellungen, Drachenbilder, die über mehrere Felder reichen, Bildnisse berühmter Maler und sogar eine Abbildung von Marylin Monroe sind hier zu finden.

Leider sind die Lichtverhältnisse im Tempel sehr schlecht, da der Himmel grau verhangen ist. Aber wir können schon froh sein, dass es nicht regnet. Da ich so gut wie nie mit Blitzlicht fotografieren, meist ist das Fotografieren sogar verboten, kann ich leider nur etwas unscharfe Bilder von der Deckenbemalung machen, aber als Eindruck soll dies reichen. Im Pilgerbüro, am Eingang stehen wieder meine geliebten Tanuki (Marderhund) Figuren, diesmal im Mönchsgewand, fällt uns schon wieder Ossis Buch in die Hände. Diesmal mit einer Strippe gesichert, da man es zwar anschauen, aber nicht kaufen kann. Leider haben wir hier nur einen kurzen Aufenthalt, obwohl dieser Tempel viele Details birgt, die ich noch erkunden wollte, aber wenn wir heute noch bis Kap Ashisuri kommen wollen, müssen wir uns etwas sputen!

Von Bahnhof Kubokawa fahren wir mit der Tosa-kuroshio-Railway nach Nakamura und von hier mit dem Bus nach Kap Ashisuri. Im Zug macht uns eine ganze Horde von Kindern aus einem Kindergarten unsere Sitzplätze streitig. Wir rücken zusammen, da es üblich ist Kleinkindern, Schwangeren oder älteren Personen einen Platz anzubieten. Es gibt sogar sogenannte „Priority Seats“ wo diese Personengruppe Anspruch auf einen Sitzplatz erheben könnte. Da ich versuche immer höflich zu sein, springe ich schon mal unverholt auf, wenn eine ältere Dame oder Herr an mir vorbeigehen will und biete ihnen meinen Sitzplatz an.
Und wieder flitzt alles nur an mir vorbei, die schönen Landschaften, Sehenswürdigkeiten und Leute, denen ich begegnen wollte. Felsformationen mit Reistrohseil, im shintoistischen Sinne verheiratete Felsen, kleine Inseln und die ganze Atmosphäre kann ich wieder nur durch die Fensterscheibe bewundern. Da es schon spät ist, fragt der Busfahrer uns an der Endstelle, ob wir alle zur Jugendherberge wollen, da er dann noch etwas weiter in diese Richtung fahren will. Da wir zwei, es sitzt außer uns nur noch ein weiterer Ausländer im Bus, heute dort übernachten wollen, begrüßen wir das Angebot des Fahrers, uns noch über den nächsten Hügel zu fahren.
Die Jugendherberge liegt direkt neben einem Schrein. Wir checken gemeinsam mit dem Ausländer, er ist Franzose, ein. Leider gibt es kein Abendessen, aber der Herbergsvater bietet sich an, uns mit seinem Auto ins Dorf zu fahren, damit wir heute noch was zwischen die Zähne bekommen. Wir wollen aber vorher noch schnell einen Abstecher zum Tempel machen. Wenn wir heute noch einen Stempel kriegen könnten, wäre die schnelle Weiterreise morgen gesichert. Auf dem Weg zum Tempel fallen mir die Palmen, Hibiskussträucher und die fast tropisch wirkende Vegetation auf. Wir finden den Eingang zum Tempel nicht gleich, da der Weg über einen Parkplatz führt. Es schein das Gästehaus des Tempels zu sein, aber wir sehen keine einzige Person. Und auch das Tempelbüro ist schon geschlossen. Dafür haben wir eine tolle Aussicht auf den jetzt windstill liegenden Teich, in dem sich die Felsen so spiegeln, dass man nicht mehr erkennen kann was oben und was unten ist.

Exkurs Tempel Nr. 38 Kongōfukuji (金剛福寺)
„Der Tempel der ewigen Glückseeligkeit“ wurde von Kōbō Daishi mit der Unterstützung des Kaisers Saga 822 gegründet. Im 7. Jahrhundert soll ein asketischer Priester namens En no Gyoja einen Tengu (Bergkobold) ausgetrieben haben, der hier herumvagabundierte und ihn bei der Meditation störte. Ein Platz am Kap wird heute noch „Tengu no hana“ (Tengu bzw. Teufels-Nase) genannt. Am Kap Ashizuri gelegen, wird der Tempel auch kurz Ashizuri-san genannt und ist nach dem indischen Ort Potalaka (jap. Fudaruku), dem „Reinen Land Kannons“ (Paradies und Wohnsitz Kannons) nachempfunden. Dementsprechenden ist die Hauptgottheit Senju Kannon (dreigesichtige Kannon). Im 14 Jahrhundert schrieb eine Dame namens Nijō ein Buch mit dem Titel „Kagerō Nikki“, in dem sie die Legende, die sich um das „Kap des stampfenden Fußes“ (Ashizuri) rankt beschreibt: Ein junger Novize teilte sich sein Essen mit einem anderen jungen Mönch, der auf wundersame Weise im Tempel aufgetaucht war. Das missfiel aber dem Meister des Novizen, der ihm den Umgang mit dem Fremden verbot. Dies teile der Novize dem fremden Mönch mit, der wiederum lud den Novizen zu sich nach Hause zum Essen ein. Sie bestiegen also ein Boot und als der Meister, der den beiden gefolgt war, ihnen hinterher rief, wohin sie denn fahren wollten, entgegnete der mysteriöse Mönch “ins Land von Kannon“. Nun bemerkte der Meister seinen blinden Stolz, stampfe mit dem Fuß auf, so dass sich sein Fußabdruck auf den Felsen abzeichnete. Dieser Legende ist es leider auch zu verdanken, dass immer wieder Selbstmörder den Weg zum Kap finden, um nach ihrem Tod direkt ins Paradies von Kannon zu gelangen, aber auch die Vorstellung, dass man sich früher von hier mit dem Schiff auf sie Suche nach Kannons „Reinem Land“ gemacht hat, tut ein Übriges (fudaraku tokai – das Meer überqueren, um ins Paradies zu gelangen).
Es gibt im Tempel viele Steine, die an sieben Wunder von Kōbō Daishi erinnern: Yurugi-Ishi (ゆるぎ石; unerschütterliche Fels), Kame-Ishi (亀石; Schildkrötenfels), Chikara-no-Ishi (力の石; Felsen der Kraft), Kame-yobi-Ba (亀呼び場; Ort der rufenden Schildkröte), Ryuutoo-no Matsu (竜灯の松; Kiefer des Meeresleuchten) Tatsu-no-Koma (竜の駒; Drachenpony), Meigoo-no Iwa (名号の岩; Amitaba Felsen). Zu den Tempelschätzen zählt auch eine Schriftrolle, die „Kōya Kōjō Zuga“ genannt wird und auf 10 Bildern das Leben Kōbō Daishis erzählt. Außerhalb des Tempels befinden sich ein Leuchtturm und das Denkmal zu Ehren von John Manjirō, dem ersten japanischen Immigranten, der im 18. Jahrhundert in Amerika eingewandert war. Nachdem er 1841 Schiffbruch erlitten hatte, wurde er von einem amerikanischen Wallfänger mit nach Connecticut genommen, da er zur damaligen Zeit, Japan hatte sich per Gesetz der übrigen Welt verschlossen, nicht in seine Heimat zurückkehren durfte. Er blieb ca.10 Jahren in Amerika, wo er die Englische Sprache und den „Westlichen Lebensstil“ erlernte. 1852 erzwang der amerikanische Kommodore Perry mit seinen Schwarzen Schiffen die Öffnung Japans für Ausländer. Im Zuge dieser Entwicklungen brach die sogenannte Bafuku Regierung bzw. das herrschende Shogunat der Tokugawa in Japan zusammen und unter dem neueneingesetzten Kaiser Meiji, öffnete sich Japan nicht nur dem Westen, sondern zog vermehrt ausländisches Wissen und Technologie ins Land. 1852 durfte John Manjiroo nach Japan zurückkehren und wurde aufgrund seiner Sprachkenntnisse und Vertrautheit mit den westlichen Geflogenheiten Mitglied der ersten diplomatischen Delegation, die nach Amerika reiste.

Es ist ein toller Anblick so in der Abendsonne, die dann doch noch rausgekommen ist. Die roten Wächterfiguren im Haupttor, das wir schließlich doch finden, scheinen im Licht zu glühen. Wir drehen noch eine Runde ums Kap und auch hier begegnet uns schon wieder ein Standbild eines Japaners, der (wie wir oben erfahren haben) John Manjiro heißt.
Wir nehmen den Herbergsvater beim Wort und er fährt uns, der Franzose wollte auf eigene Faust sein Glück suchen, durchs Dorf auf der Suche nach Essbarem. Leider schein jede Kneipe und jedes Hotel in der Gegend heute geschlossen zu haben. Erfolglos rollen wir mit dem Auto den Berg herunter. Da - ein Lebensmittelgeschäft, der Herbergsvater bleibt mir laufendem Motor davor stehen, eine Marotte, die ich bei den derzeitigen Ölpreise nicht verstehen kann, zumal die Klimaanlage bei den momentanen Temperaturen wohl nicht nötig ist. Wir treffen im Laden den Franzosen, ausgestattet mit einer Würzreismischung und großen Mochi (Stampfreiskugeln mit süßer Bohnenmussfüllung) treten wir gemeinsam den Rückweg an. Hajo zieht sich noch ne Buddel Bier aus dem Automaten, da der Laden komischer Weise kein Bier verkauft. Wir treffen uns im Essraum wieder, doch vorher fragen wir, ob wir vielleicht Teller und Gläser bekommen könnten. Hajo klönt mit dem Franzosen und ich frage mich, wie ich unseren Raum heizen kann. Wir haben hier nicht nur eine Klimaanlage, die ich anfangs nicht zum Laufen bekomme, sondern auch einen Kotatsu. Früher war ein Kotatsu eine in ein Loch im Boden versenkbare Kohlepfanne über der ein niedriger Esstisch gestellt wurde. Man konnte seine Beine unter der Steppdecke, die über dem Gestell und unter der darüberliegenden Tischplatte lag, stecken. Heutzutage ist im Tischgestell ein kleiner Elektroofen angebracht, aber auch heute wärmt der vor allem die Beine.

Ich versuche den Tatami Raum mit dem Kotatsu, den ich auf die Seite gelegt habe, damit der die Wärme in den Raum abstrahlt, und der Klimaanlage zu erwärmen. Aber die Klimaanlage gibt nichts außer kalter Luft von sich. Ich frage noch beim Herbergsvater nach, der gerade mit seiner Familie zu Abend isst, welche Einstellung ich wählen soll, da alles in Japanisch geschrieben ist. Aber ich soll nur Geduld haben, da es etwas dauert bis diese alte Klimaanlage auf Temperatur kommt. Nachdem Hajo und ich gebadet haben, die Temperatur im Raum ist auch erträglich geworden, besprechen wir unsere Pläne für den nächsten Tag. Da wir den
Pilgerbucheintrag erst ab 8.00 Uhr bekommen können, vorher macht eigentlich kein Büro auf, und der Bus aber zur gleichen Zeit von hier losfährt, muss jemand den Bus aufhalten während der andere zum Pilgerbüro rennt, um die Einträge zu holen. „Entweder ich oder Du, einer von uns musst den Bus aufhalten“, erklärt mir Hajo. Da sind wir schon viel zu schnell und hetzen immer noch wie vom Teufel gejagt durch Shikoku und jetzt soll ich auch noch den Kasper spielen, damit wir den ersten Bus nehmen können? Nee, mit tränenerstickter Stimme erkläre ich, so gut es mir möglich ist: „Ab morgen sind wir getrennte Leute. Ich bin zum Pilgern nach Japan gekommen, nicht um mit dem Bus zu fahren“. Hajo beschwichtigt, dass er ab Tempel Nr. 41 wieder wandern will, aber er hatte auch gesagt, dass er sich in Kochi ausruhen wollte. Nein, ich hab gesehen, dass er sich ganz gut auf Englisch durchfragen kann und eigentlich braucht er mich nicht. Das ist mein Traumurlaub, diese Chance als Pilger die Route zu laufen bekomme ich vermutlich nie wieder!
Kein Wort mehr, jeder widmet sich der Sache, die er bis eben gemacht hat. Man geht wortlos zu Bett und schläft ein…

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