Sondermeldung - am Freitag ist mein zweites Päckchen, aber das erste, das ich als Seepost geschickt habe, angekommen. Ich hatte es am 21. April abgeschickt und es hat bis zum 19. Juni gedauert. Mein erstes Päckchen (30.03.09) hatte ich noch per Luftpost versandt, es hat aber auch nur knapp 1 kg gewogen und nicht stattliche 4,5 kg. Es ist schon nach einer Woche an seinem Bestimmungsort eingetroffen.
Sondermeldung, die zweite: Mein zweites Päckchen wurde Samstag geliefert. Ich hatte es, nachdem ich meine Tour auf Shikoku mit dem abermaligen Besuch es Tempels Nr. 1 Ryōzenji (霊山寺) beendet hatte direkt vor Ort in Bando abgeschickt (27.04.09). Es enthielt einige Geschenke und Pilgerutensilien, die ich im Tempel gekauft hatte und zwecks Gewicht mir nicht zu Beginn der Reise gegönnt habe.
Ich möchte mich entschuldigen, dass dieser Blog so lange Posts hat, aber er ist eigentlich als privates Pilgertagebuch konzipiert. Bei meinen letzten Japanaufenthalten habe ich Tagebuch geschrieben und es Familie und Freunden per E-Mail zugesandt. Ich finde es aber netter, zumal ich auf der Pilgerreise keine Zeit dazu gefunden habe zu schreiben, wenn man den Fortschritt im eigenen Tempo bestimmen kann. Außerdem hat das Hochladen der E-Mails, die mit vielen Bildern bestückt waren, ewig gedauert. Ich versuche mich in puncto Bildern zurückzuhalten, sie können unter http://picasaweb.google.com/britta.eisermann/Shikoku bzw. http://picasaweb.google.com/britta.eisermann/Kansai eingesehen werden. Aber auch dort bin ich mit den Bildunterschriften noch im Verzug. Aber ich habe jetzt einige Notizen und hoffe, dass es jetzt schnell voran geht.
Zurück also zu meinen Vorbereitungen, die allmählich ihren Abschluss fanden:
Ich lief regelmäßig meine Runden. Manchmal lief ich in die nächste Stadt (Bad Bramstedt), die ca. 4,5 km entfernt liegt. Leider gibt es hier keine Berge, nicht einmal Hügel, so dass ich mich nicht unbedingt für eine steilen Bergpfad gerüstet sah. Es wird in den Shikoku Ratgebern immer wieder empfohlen, an Steigungen zu trainieren oder wenigstens einige Stockwerke Treppen zu steigen. Leider ist hier absolutes Flachland und ein Hochhaus ist auch nicht in der Nähe. So musste ich mich mit dem kleinen Anstieg vor meinem Wald begnügen. Als Langstrecke lief ich die ca. 15 km in die nächste Stadt (Neumünster), die ein Outdoor Shop hat. Aber auch hier muss ich zugeben, bin ich ohne volles Marschgepäck gelaufen, da ich noch keinen geeigneten Rucksack hatte. Ich war meist mit so einem kleinen Daypack-Rucksack unterwegs, den ich mit 1,5 l Wasserflaschen auf ein Gewicht von bis zu 10 kg aufstockte. Natürlich hielt der Rucksack diese Last nicht lange aus und der Reißverschluss ging kaputt. Dann schnürte ich das defekte Teil mit einem Reisegurt zusammen. Ideal, wenn man zwischendurch Durst kriegt, trinkt man einen Schluck aus der Flasche und die Last wird nach innen verlagert. Eine Taktik, die in Japan vor allem an steilen Aufstiegen immer wieder beherzigt wurde: Orangen- und Mandarinenschalen an den Trails zeugen davon. Bevor man die Dinger mitschleppt, isst man sie vorher und hat so erstens Gewicht reduziert und zweitens Energie aufgestockt. Eine weitere Taktik lautet immer schön gleichmäßig laufen! Mit Laufen ist hier natürlich spazieren gehen gemeint, auch wenn ich auf meiner Runde bis zu 6 km in der Stunde geschafft habe. Das gleichmäßig schnelle Laufen viel mir am schwersten, da ich nicht unbedingt ein geübter Jogger bin.
Ich kaufte mir eine Doppeljacke, die ich natürlich gleich ausprobierte: hält das Ding mich auch bei niedrigen Temperaturen warm oder schwitze ich mich nass und hole mir eine Erkältung. Alles was sich zu meinem Marschgepäck gesellte, wurde vorher auf Herz und Nieren geprüft, ich wollte mir ja selbige nicht verkühlen. Socken wurden eingelaufen und auch Unterwäsche und T-Shirts bzw. Blusen mussten den Scheuernaht-Test überstehen. Was nützten einem die besten Schuhe, wenn man die Blasen an der Schulter bekommt, nur weil eine dicke Naht gerade unter dem Rucksackträger liegt.
Aber ich trainierte nicht nur den Körper, sonder auch der Geist verlangte nach „Input“. Ich recherchierte im Internet auf den unten erwähnten Seiten und auch meine Büchersammlung über die einzelnen Tempel bzw. das Kartenmaterial komplettierte sich langsam. Ich stellte Listen mit den 88 Tempel, 20 Nebentempeln (Bangai) und Übernachtungsmöglichkeiten zusammen, lud Prospekte z.B. über Jugendherbergen in Japan herunter und besorgte mir eine Übersetzung des Herz-Sutra. Das Sutra bezeichnet eine kurze, einprägsame Zusammenfassung einer Lehrrede Buddhas. Es heißt wirklich „das Sutra“, ich habe extra noch mal bei Wikipedia nachgeschlagen! Es ist wie ein Gebet, das jeweils im Tempel rezitiert wird. Und da ich mich auf eine Pilgerreise begeben wollte und nicht als Pauschaltourist durch die japanischen Lande gondeln mochte, habe ich mich vorher eingehend informiert. Es gibt z.B. das Diamant, Lotus oder Herz Stura, die in den unterschiedlichen buddhistischen Richtungen eine Rolle spielen, wobei letzteres vor allem im Shingon Buddhismus und dem bekannteren Zen Buddhismus rezitiert werden. Zusammengefasst sagt das Herz Sutra aus, dass Leere Form ist und Form ist Leere. Ich hatte das Glück, das Herz Sutra als dreifach Übersetzung zu finden, d.h. als Schriftzeichen (sinojapanisch, auch Kanji), die japanische Lesung (in Romaji = Lateinische Buchstaben), mit direkter Übersetzung und verständlicher Übersetzung ins Deutsche. Da war ich den Japanern schon mal eine Nasenlänge voraus, was ich mit meiner Nase ohnehin bin, aber die meisten japanischen Pilger können vielleicht die Lesung auswendig herbeten, verstehen aber deren Inhalt nicht.
Eine andere Art von Gebet ist das Mantra, es bezeichnet eine kurze, formelartige Wortfolge, die immer wieder heruntergebetet werden kann. Jede Gottheit hat ihr eigenes Mantra, sogar Kōbō Daishi, der Gründer der Shingon Sekte, auf den die Shikoku Pilgertour zurückgeht, hat sein eigenes Mantra: „Namu Daishi Henjō Kongō“, was so viel heißt wie „Ehre Dir, großer Lehrer, O Daishi, wobei die letzten beiden Worte der geheime Name Kōbō Daishis ist („Erleuchtende Realität“). Kōbō Daishi wie sein buddhistischer Totenname lautet (posthum vergeben) war auch unter seinem Mönchsnamen Kukai („Meer der Leere“) in Japan bekannt.
Wenn wir schon mal dabei sind, machen wir mit der buddhistischen Fachterminologie doch gleich weiter: Das Mudra ist eine symbolische Handgeste, man sieht sie fast bei allen Buddhastatuen. Mit diesen Gesten können Priester gänzlich ohne Worte richtige Geschichten erzählen.
Ein Mandala ist eine Art Bild, das die buddhistische Weltordnung erklärt. Es werden Gottheiten und deren Beziehungen zueinander abgebildet. Es ist die Darstellung eines sonst schwer zu verstehenden religiösen Sachverhalts. Im Unterschied zum tibetischen Buddhismus, wird das Mandala nach seiner Fertigstellung aber nicht zerstört, sondern als Meditations- und Ritualobjekt verwendet. In Shingon Buddhismus gibt es das Doppelmandala des Mutterschoßes und des Diamanten. Sorry, wenn ich jetzt mit den Fachbegriffen in Sanskrit (Sprache der alten indische Kultur bzw. Buddhismus) und Japanisch komme, aber ich möchte, dass man versteht, wobei es hier geht. Buddhismus ist nicht so eine weltfremde Religion bei der die Priester in Bettlaken rumlaufen und sich eine Horde weißgekleideter Rentner von Bussen über eine Insel karren lässt, damit sie Ihr Sammelalbum mit Kalligraphien und Stempeln voll kriegen. Wenn man mehr Infos hat, etwas mehr versteht, dann wirkt es gleich nicht mehr so exotisch und darum geht es hier.
Montag, 22. Juni 2009
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