Karte von Shikoku mit den 88 Haupt- und 20 Nebentempeln


Montag, 5. Oktober 2009

Donnerstag, der 26.03.2009, Kōchi, Kap Muroto, Muroto-so Ryokan

Der 11. Tag in Japan

Um 6.00 Uhr ist Aufstehen angesagt, andere Pilger stehen noch früher auf, um das Licht auszunutzen, da die Sonne schon wieder gegen 19.00 Uhr verschwindet. Ich fotografiere den Sonneaufgang durch die Scheibe unseres Ryokans, bevor wir uns mit unserem Radfahrer beim Frühstück treffen. Beim Frühstück, ich kann Fisch so früh schon nicht mehr sehen, besprechen wir unser nächstes Etappenziel. Bei Tempel Nr. 27 wollen wir in einer Unterkunft namens „Drive-in-27“ übernachten und unser Radpilger Yoshitake erläutert uns, dass es sich wohl um so eine Trucker-Absteige handelt, in der man am Abend etwas umräumt und dann dort schlafen kann. Na - mal sehen wo ich als Frau dann abbleibe, wenn ich lauter Schnarchsäcke um mich versammelt habe? Ich habe im Speisesaal unseres Ryokans einen Ständer mit verstaubten Postkarten entdeckt. Zum Glück ist jede Karte in Folie eingeschlagen, sonst hätte ich sie nicht gekauft. Aber Postkarten, besonders die mit Motiven sind in Japan nur schwer zu finden. Natürlich kann man in den Großstädten in jedem Souvenirshop Karten erstehen, aber abseits der großen Touristenpfade ist es sehr schwer. Briefmarken hat die Wirtin leider keine, also muss ich wohl oder übel bis zum nächsten Postamt bzw. bis zur nächsten Großstadt warten. Nachdem wir unsere Rechnung bezahlt haben, hier konnten wir mal nach der Übernachtung zahlen, bekommen von der Wirtin noch eine gekochte Süßkartoffel (yagaimo) geschenkt, die wir in die Papiertüten stecken, die wir ebenfalls von ihr bekommen. Ein kleiner Snack für zwischendurch. Hajo hat die Wirtin zwischenzeitlich gebeten, doch im „Drive-in-27“ anzurufen und anzukündigen, dass heute zwei Deutsche bei ihnen eintrudeln werden bzw. nachzufragen, ob sie eventuell ausgebucht sind.
Nachdem wir mit unserem Radfahrer Adressen ausgetauscht haben, räumen wir noch auf den Zimmern die Futons (japanische Betten) weg. Ich amüsiere mich über die Aufschriften der Toiletten, da ich die Schriftzeichen für Frau (onna ; 女) und Mann (otoko; 男) lesen kann: Hinter der Toilettentür für Frauen steht eine Sitztoilette, die für Männer ist eine Hocktoilette!
Bevor wir uns aber wieder auf den Weg machen, wir wollen zu Fuß die ca. 5 km bis zu Tempel Nr. 25 absolvieren, ziehe ich mir am Getränkeautomaten vor dem Hotel noch eine Cola. Ein Lädchen gibt es hier direkt am Kap nicht. Außerdem brauche ich morgens Zucker, um in die Gänge zu kommen, wenn ich schon keinen Kaffee oder Brot bekomme.

Exkurs Tempel Nr. 25 Shinshōji (津照寺)
“Der Tempel des beleuchtete Hafens“ oder auch kurz Tsu-dera, „Tempel des Hafens“ wie er von den Fischer genannt wird, wurde 807 von Kōbō Daishi gegründet. Der Honzon (Hauptgottheit) ist Jizō Bosatu, der hier als spezieller Kaiji-tori Jizō („Steuermann Jizō“)
verehrt wird. Jizō Bosatsu, der Hüter der Kinder und Reisenden, wird in besonderer Form mit dem Steuerrad eines Schiffes in Händen dargestellt. Die unzähligen kleinen Jizō Figuren stammen aus ganz Japan, da dieser Tempel vor allem den Schutz von Seeleuten und Fischern gewidmet ist. Der Legende nach soll Lord Yamanouchi (1545-1605), erster Lord der Provinz Tosa und Burgherr in Kōchi, durch seine Ergebenheit für Jizō Bosatsu direkt von ihm vor Schiffbruch bewahrt worden sein, indem sich eine mitgeführte Jizō Statue in einen Priester verwandelte, der das Schiff sicher in den Hafen gesteuert hat. In der Meiji Zeit brannte der Tempel nieder, wurde aber in den 1890-gern wiederaufgebaut.

Am Eingang treffen wir einen „bettelnden“ Pilger, „takuhatsu“ wird diese Tätigkeit genannt. Er steht da ungerührt, verzieht keine Mine, mit einer schwarzen Schale in der Hand, die er vor der Brust hält. Almosen geben soll gutes „Karma“ bringen, d.h. das Schicksal günstig stimmen, da jede Handlung eine Folge von Reaktionen nach sich zieht, auch wenn wir uns dessen nicht gleich bewusst sind. Um nicht zu knauserig zu sein, lege ich ihm 500 Yen in seine Schale, nehme mir aber frecher Weise heraus, als Gegenleistung ein Foto von ihm zu machen. Es gibt auch Langzeitpilger, die den Absprung nach der ersten Runde nicht mehr geschafft haben bzw. Obdachlose, die ihre „Zeit“ dazu nutzen, die Pilgerreise zu laufen. Da die Menschen hier sehr positiv auf Pilger reagieren und man eigentlich überall kleine Gaben in Form von Naturalien erhält, ist das Leben für Obdachlose hier vielleicht einfacher als in den Ballungszentren. Aber in den Büchern über die Tour wird immer wieder betont, dass man allein durch Almosen die Tour nicht finanzieren kann, aber ich denke es kommt darauf an, was man für Ansprüche stellt.
Nachdem wir die lange Treppe zum Haupttempel (Hondō) hinter uns gelassen haben, betreten wir den Tempel durch das Tor mit dem Steuerrad, diesmal ist es nicht das „Rad der Lehre“ Buddhas. Hier kann man die unzähligen Jizō Figuren bewundern und hat auch noch einen tollen Blick über die Bucht. Aber wir müssen weiter, da wir heute noch bis Tempel 27 kommen wollen und laufen die Straße an der Küste entlang. Die drei Kilometer bis Tempel Nr. 26 schafft Hajo noch zu Fuß, aber so wie er jetzt humpelt, kann es bis zur einer Zwangspause nicht mehr lange dauern. Wir laufen vorbei einem Hafen mit Fischerbooten, sehen ein Gestell, an dem Tintenfische getrocknet werden. Immer wieder gibt es hier Gedenksteine, die ich leider nicht lesen kann. Ein Toilettenhäuschen in Form einer Schildkröte finde ich eigentlich ganz witzig, wenn es nicht so kitschig wäre. Auf dem direkten Weg zum Tempel esse ich im Gehen meine Süßkartoffel.

Exkurs Tempel Nr. 26 Kongōchōji (金剛頂寺)
„Der Tempel der Vajra Spitze“, dem als Kultobjekt im Shingon Buddhismus verehrten Donnerkeil oder Kampfzepter, entstammt der Name dieses Tempels. Er wird aber auch gemäß seiner früheren Wichtigkeit als Schutztempel der Nation und als Gegenstück zu Tempel Nr. 24 („Tempel des Ostens“) Nishidera („Tempel des Westens“) genannt. 807 ist er von Kōbō Daishi gegründet worden, der auch die Statue es Yakushi Nyorai geschnitzt hat. Es soll ein Meisterwerk sein, das so lebendig wirkt, das es gemäß Legende, sogleich nach dem Schnitzen auf seinen eigenen Füßen zum Altar gelaufen ist und sich dort niedergelassen haben soll. Leider zählt es zu den „hibutsu“, ein verborgen gehaltenes Kunstwerk, das seit Tempelgründung noch niemals öffentlich ausgestellt worden sein soll. Es wird ferner berichtet, dass Kōbō Daishi hier als Kind öfters herkam, um sich in Enthaltsamkeit zu üben und der Suche nach Erleuchtung zu widmen. Im 8. Jahrhundert vom Kaiser Saga zum Staatstempel erkoren, im 15. Jahrhundert niedergebrannt und zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert unter dem Lord von Tosa Yamauchi auf sieben Hallen und einen großen Tempelbezirk erweitert, brannten 1899 viele Gebäude nieder. Der Wiederaufbau erfolgte und die derzeitige Haupthalle stammt aus dem Jahre 1984, die Daishi-Halle aus dem Jahre 1486 und ist somit das älteste Gebäude. Einer Legende zufolge soll Kōbō Daishi hier Reis auf wundersame Weise vermehrt haben. Der Kessel, „hitostsubu manbai no kama“ genannt, kann noch heute hier besichtigt werden. Erwähnenswert sind das Walmuseum (Geishōkan) in dem alles rund um den Walfang präsentiert wird, das Schatzhaus des Tempels, in dem persönliche Gegenstände Kōbō Daishis verwahrt werden, sowie 10 Rollen, die die fundamentalen Sutren des Shingon Buddhismus enthalten (Kainichikyō und Kongōchōgyō). Im Tempelbezirk stehen ein Sandelholzbaum, den Kōbō Daishi aus China mitgebracht haben soll, sowie ein Kampherbaum, um den sich eine besondere Legende rankt: In ihm soll ein Tengu, ein Bergkobold halb Mensch halb Vogel, gelebt haben. Auf einer Tafel am Tor wird dieses Treffen beschrieben. Kōbō Daishi soll dieses Fabelwesen in einem Disput besiegt und nach Kap Ashizuri verbannt haben. „Ich lasse mein Bildnis hier. Komm niemals zurück, so lange ich noch lebe!“ Mit diesen Worten warnte der den Tengu und hinterließ sein Bildnis im Kampherbaum. Die Haupthalle des Tempels wurde in Richtung Kap Ashizuri ausgerichtet, um diesen Worten Nachdruck zu verleihen.

Exkurs – Mythologische Fabelwesen – Von Tengus, Tanukis und Kappas
Tengu (天狗, „Himmelshund“) ist der Name eines japanischen Fabelwesens, das in die Kategorie Yōkai (Monster und Kobolde) fällt, die zusammen mit den Yūrei (Geister von Verstorbenen) die Gruppe der Obake, der Gestaltwandler bilden. Zu ihnen gehören als tierische Gestaltwandler:

Tengus, langnasige Bergkobolde, die in den Kampfkünsten bewandert sind und Flügel und manchmal auch einen Vogelschnabel besitzen. Früher wurden Ausländer, aufgrund ihrer längeren Nasen, ebenfalls als „Tengus“ bezeichnet.
Tanukis, Marderhunde, können sich sowohl in andere Lebewesen als auch in Gegenstände verwandeln. Stehen meist als Glücksbringer mit Bambushut, Sake-Flasche und leerem Portemonnaie vor japanischen Restaurants. Kennzeichnend sind ihre derbe, aber freundliche Art, die überdimensionierten Hoden und ihr Familiensinn.
Kappas, im Wasser lebende froschähnliche Wesen, die Menschen und Tiere ertränken können. Eine Schale am Kopf mit Flüssigkeit verleiht ihnen magische Fähigkeiten. Grüßt man einen Kappa, in Japan verbeugt man sich voreinander, dann fühlt der sich genötigt zurück zu grüßen. Beim Verbeugen verschüttet er das Wasser und ist so seine Magie erstmal gebannt. Willst Du einen Kappa besänftigen, dann ritze Deinen Namen in die Schale seiner Lieblingsspeise, einer Gurke, und wirf sie in sein Heimgewässer.
Kitsune Füchse, die Meister der Verwandlung ahmen meist junge Frauen nach, die nachdem sie einen Mann geheiratet haben mit ihm glücklich werden könnten, wenn man nicht ihr Geheimnis entdecken würde. Sie gelten auch als Boten der shintoistischen Gottheit Inari, zuständig für Nahrung und Fruchtbarkeit, dann werden sie meist schneeweiß dargestellt.

Im Tempel finde ich sowohl den Kampherbaum als auch den Sandelholzbaum wieder.
Mir fallen die Treppen mit Blumenmotiv auf. Leider verläuft der Trail zum nächsten Tempel ziemlich steil, zu steil für Hajos angeschlagenes Bein, so wählen wir die Autostraße, für den Rückweg zur Küstenstraße.

Vom Motohashi Bus Stopp fahren wir die ca. 30 km bis zum zu „Drive-in-27“, es soll 1200 Yen kosten und da bekomme ich auch schon eine Problem. Ich habe nur einen 10.000 Yen Schein. Zum Glück kann mir Hajo aushelfen. Es gibt zwar beim Fahrer einen Automaten, der 1000 Yen Scheine in Münzen wechselt, doch meist wechseln die Fahrer nur widerwillig einen 10.000 Yen Schein. So einen Fahrer habe ich leider heute erwischt, ich werde es mir für die Zukunft merken, aber gerade bei längeren Überlandstecken finde ich es schon etwas merkwürdig. Ich sehe die schöne Küstenlandschaft an mir vorbei flitzen, gerne wäre ich sie abgewandert, aber wir wollen erstmal nach Kōchi City kommen, dann kann Hajo sich erstmal ausruhen bzw. den Arzt aufsuchen, denn mit der durch die Zugfahrt gesparten Zeit sollten wir gut im Rennen liegen. Als wir in der Nähe des „Drive-in-27“ ankommen, kommt uns die Wirtin schon entgegengeeilt. Sie begrüßt uns und ich merke, dass wir schon angemeldet waren, da sie uns mit den Worten „Deutsche Personen“ (doitsu kata) betitelt. Bei Ankunft in diesem „Etablisment“ frage ich mich, wo wir denn wohl schlafen werden. Es gibt zwar sowohl Tische und Stühle wie in jedem anderen Restaurant auch, aber auch Podeste mit flachen Tischen, an denen man auf den Fersen sitzt bzw. wie die Herren der Schöpfung im Schneidersitz. Es ist nicht nur ein Restaurant, wir bestellen erst mal eine Runde Udon Suppe, sondern gleichzeitig ein Shop in dem man so allerlei Pilgerutensilien kaufen kann. Nachdem wir unser Mittagessen beendet haben, fragen wir, ob mir unsere Rucksäcke hier lassen dürfen. Wo wir heute Nacht schlafen sollen bleibt mir ein Rätsel, da auch die sanitären Anlagen, es gibt hier eine recht siffige Toilette, nicht gerade hier zum Übernachten einladen. Aber erstmal die Dinge auf einen zukommen lassen, man wird bescheiden – kommt Zeit – kommt Rat. Als wir uns auf den Weg zu Tempel Nr. 27 machen, bekommen wir von der Wirtin sogar noch Kekse geschenkt. „Pilgerkekse“ nenne ich fortan diese spezielle Sorte, die eine Oma mit Brille auf der Packung zeigt. Sie werden zukünftig mein bevorzugter Proviant werden, da sie schmecken und zu zweit in Folie verpackt, gut zu lagern sind.

Der Pilgertrail verläuft hier auf der Autostraße, nur eine paar Windungen werden später durch einen geraden Trail bergauf abgekürzt. Wir treffen eine Familie beim Picknick unter einem Kirschbaum. „Sakura“ – Kirschblüte heißt dies in Japan oder auch „Hanami“ – Blütenschau, dabei breitet man eine blaue Plane aus, um darauf ein Picknick zu feiern. Sakura ist ein sehr wichtiger Anlass in Japan, sich mit der Familie, aber auch mit Kollegen zu treffen und feuchtfröhlich zu feiern. Die Kirschblüte ist Symbol der Vergänglichkeit der Schönheit, heute noch am Baum in voller Blühte, doch ein Windstoß und die ganze Pracht fällt einem Blütenblattregen gleich zu Boden. Es gibt sogar eine Art Wetterbericht im japanischen Fernsehen, in dem darüber berichtet wird, wo die Kirschblütenfront (sakura zensen; 桜前線) unter den gegebenen Wetterverhältnissen am nächsten Wochenende eintrifft. Und wehe, der Wetterfrosch macht eine falsche Ansage, das kann schon mal zu einer öffentlichen Entschuldigung zur besten Sendezeit führen.

Auf der Autostraße direkt zum Tempel Nr. 27 treffen wir unseren „Englishman“, der im Auto von seinen japanischen Freunden hoch kutschiert wird. Wir legen noch eine kurze Pause am
Drive-in-27“ Kiosk ein. Man kommt ganz schön ins Schwitzen, wenn man so den Berg hochstapft, doch schließlich stehen wir vor dem Tor, aus dem zwei leuchtend rote Wächterfiguren uns anstarren.

Exkurs Tempel Nr. 27 Kōnomineji (神峰寺)
„Der Tempel der göttlichen Bergspitze“ wurde im 8. Jahrhundert von Gyōgi gegründet, der ebenfalls die Hauptgottheit, eine elfgesichtige Kannon, geschnitzt hat. Der Tempel zählt zu den Bergtempeln (nansho), beherbergt auf seinem Gelände aber auch einen Shinto-Schrein (Kōnomine Jinja), von dem man glaubt, das die legendäre Göttin Amaterasu ōmikami hier verehrt worden ist. Heutzutage werden eine zweite, ebenfalls Jūichimen Kannon (elfgesichtige Kannon) und der Bodisattva der Barmherzigkeit als verborgene Statue (hibutsu) nur sehr selten zu bestimmten Gelegenheiten öffentlich ausgestellt.
809 bekam Kōbō Daishi vom Kaiser Heizei den Auftrag, dieses Gebiet im buddhistischen Glauben zu festigen. Im 19. Jahrhundert wurde das Gesetz zur Trennung von Buddhismus und Shintoismus erlassen und der Tempel geschlossen, die Hauptgottheit (Kanzeon Nyorai) in den Tempel Nr. 26 überstellt. Nachdem die Tempelgebäude am Beginn der Meji-Zeit niedergebrannt sind, zu dieser Zeit trat auch ein Gesetzt in Kraft, das die Neugründungen von Tempeln verbot, ermöglichte eine List den Einwohnern die Neueröffnung ihres Tempels: Anstatt neue Gebäude zu errichten, was verboten war, kauften sie einfach einen verlassenen Tempel, den Jizō-in, aus der Präfektur Ibaragi (bei Tokyo), zerlegten ihn in Einzelteile und bauten ihn auf ihrem Tempelgelände wieder auf. Im Jahre 1912 konnte der Tempel dann offiziell wiedereröffnet werden und die Hauptgottheit kehrte aus dem Tempel Nr. 26 zurück. Die Daishi-Halle, zu Ehren von Kōbō Daishi, stammt aus dem Jahre 1994. Bemerkenswert sind die Fußabdrücke Buddhas (bussokuseki), sie sollen ähnlich einem Binzuru (Gefolgsmann Buddhas) wirken, d.h. Linderung von schmerzenden Körperteilen verschaffen. Die Mutter (1835-1885) von Baron Iwasaki, dem Gründer der Firma Mitsubishi, soll hier 21 Tage lang für den Erfolg ihres Sohnes gebetet und dafür einen 40 km langen Fußmarsch von ihrem Zuhause (Inoguchi in Aki City) unternommen haben. Später hat der erfolgreiche Geschäftmann dem Tempel 40 Hektar Wald geschenkt und ihn auch weiterhin gefördert.

Mir fällt vor allem der gepflegte Garten auf, der sich an der langen Treppe entlang zieht und eine Quelle, die hier neben einer Jizō Figur entspringt. Es gibt auch eine Fudō Myōō Statue und einen steinernen Kōbō Daishi. Eine Tafel erzählt eine Geschichte, die ich leider nicht lesen kann. Aber es hat etwas mit Japan und China zu tun – eventuell eine Beschreibung, wie der Shingon Buddhismus mit Kōbō Daishi von China nach Japan kam?
Da Hajo sein Bein schonen will, klettere ich allein die Treppe zum Kōnomine Schrein hoch, im Stillen überlege ich mir, wie ich ihn wieder von diesem Berg runter kriegen soll. Humpeln kann man das schon nicht mehr nennen, bei jedem Schritt zuckt mein Globetrotter derart zusammen, dass ich eigentlich jeden Moment das Aus für unsere gemeinsame Tour erwarte.

Der Schrein begrüßt mich gleich mit einer Bombe, die auf einem Podest liegt. Ich will gar nicht so genau wissen, wer oder was hier verehrt wird. Eigentlich war ich hier herauf gekommen, um eine tolle Aussicht zu genießen, leider ist hier alles um den Schrein bewaldet. Auch ein Versuch einen Weg zu finden, der über die Felswand zur Bergspitze führt, scheitert. Erstens ist es hier alles unbefestigt und zweitens will ich Hajo nicht so lange warten lassen, aber man hätte durchaus am Schrein rechts vorbei, hinter einem kleinen Häuschen, den Berg erkunden können. Aber die Felswand über dem Schrein mit ihren Löchern und den Tafeln mit Schriftzeichen finde ich schon interessant – wer hat das gemacht und wofür soll das gut sein?
Ich hatte mir mal wieder viel zu viel Sorgen gemacht. Hajo quatscht einfach einen Autofahrer nach dem anderen an. Ein Frau, der ich erkläre, dass Hajo Schmerzen im Bein hat, ist so freundlich und fährt uns direkt bis vor die Tür des „Drive-in-27“, obwohl es bis zur Küstenstraße auch gereicht hätte. Mir ist es immer etwas peinlich die äußerste hilfsbereiten Japaner derart einzuspannen. Hilfe finde ich in Ordnung, nur man sollte es nicht auf die Spitze treiben.
Zurück im „Drive-in-27“ bestellen wir uns noch eine Ramen Suppe, Udon hatten wir bereits zum Mittagessen, dann führt uns die Wirtin in ein Privathaus. Auf dem Weg dorthin hoffe ich, dass wir den Weg morgen wiederfinden werden, aber glücklicher Weise ist das Haus nicht allzu weit weg. Hier gibt es zwar keine Klimaanlage, auch Ende März ist es im Schatten noch relativ kalt, dafür aber einen elektrischen Heizstrahler. Nach Inspektion der Schränke mit den Futons, bin ich beruhigt, da genügend Wolldecken zur Verfügung stehen. Heute Nacht muss ich nicht frieren. Wir bereiten uns Tee zu, um durchzuwärmen und Hajo geht als erster ins Badezimmer. So ein japanisches Bad am Abend hält einen die ganze Nacht über warm. Wir sind anscheinend die einzigen Gäste hier. Wir haben zwei große Zimmer, die wir benutzen dürfen, nutzen aber nur das eine, weil es schon schwierig genug ist, das eine Zimmer warm zu kriegen.
Mir tut mein rechtes Handgelenk weh, es knarrt wie eine alte Holztür. Ob das wohl eine Sehnenscheidenentzündung ist – vielleicht vom vielen Fotografieren oder ist mein Wanderstock der Übeltäter? Auf alle Fälle bandagiere ich mir das Handgelenk für die Nacht, damit ich nicht bei jedem Drehen den Schmerz fühle. O yasumi nasai – gute Nacht!

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