Karte von Shikoku mit den 88 Haupt- und 20 Nebentempeln


Samstag, 22. August 2009

Samstag, der 21. März 2009, Tokushima, Ishii Town, B&B Yasuragi

Der 6. Tag in Japan

Ich habe von 22.00 bis 6.30 Uhr geschlafen, trotz Klimaanlage und Lüfter, der im Badezimmer lief, um die Wäsche zu trocknen. Um 7.30 Uhr klingelt Hajos Wecker und mahnt uns zum Aufstehen. Leider ist Wäsche nicht ganz trocken. Während die Funktionskleidung wie T-Shirts und Treckingbluse relativ schnell trocknen, sind meine Unterhosen aus Baumwolle und die Treckingsocken immer noch feucht.
Ich habe nur leichten Muskelkater in den Waden, was mich bei der gestrigen Bergetappe doch recht erstaunt. Dafür entdecke ich eine Scheuerstelle an meiner Schulter. Ich hatte meine orange Umhängetasche mit im Rucksack, damit sie mir beim Steigen nicht an den Oberschenkeln baumelt, so dass das gesamte Gewicht auf den Schulterriemen gelastet hat und jetzt wurde mir die Naht im T-Shirt zum Verhängnis. Hajo bietet mir an, eine von seinen Einlegesohlen als Scheuerschutz unter das T-Shirt zu klemmen, aber ich denke, dass das erst recht scheuern wird. Außerdem haben wir die Bergetappe erstmal hinter uns und ich kann mein Packgewicht wieder auf Rucksack und Umhängetasche verteilen. Meine Füße weisen nicht eine Blase auf, dafür fühlen sich meine Großen Zehen etwas taub an und sind irgendwie weißer als die anderen Zehen. Hajos Schuh ist jetzt auch noch an der Sohle gebrochen, dass er schon vorher kaputt war, hatte er mir bereits erzählt. Er war ihm schon zuhause an der Hacke eingebrochen, da hat er ihn mit Zellstoff aufgepolstert und mit einer Einlegesohle verstärkt. Das ist der Horror eines jeden Japanreisenden mit großen Füßen – kaputtes Schuhwerk und keine Möglichkeit hier in Japan, dem Land der doch etwas kleineren und zarteren Füße, ein Paar Schuhen in der richtigen Größe finden zu müssen. Aber mal ehrlich, wer reist denn auch schon mit kaputten Schuhen an? Ich selber habe meine Treckingschuhe zwar eingelaufen, aber nicht ausgelatscht. Nicht auszudenken, wenn das wichtigste Werkzeug auf dieser Tour plötzlich kaputt geht. Ich bin schon auf die Männerschuhgröße 43 ausgewichen, weil ich so große Füße habe.

Zum Frühstück werden uns rohe Eier serviert. Das weiche oder hartgekochte Frühstücksei ist im japanischen Frühstück nicht vorgesehen. Man schlägt die rohen Eier hier über den Reis, der zusätzlich mit einigen Schnipseln getrockneten Seetangs gewürzt wird. Wir versuchen der Köchin klar zu machen, sie möge doch die Eier kochen, damit wir sie als Wegzehrung einstecken können. Eine grauhaarige Dame von der Gruppe mit der wir gestern Abend gescherzt haben, kommt uns zur Hilfe, so dass wir doch noch zu unseren „boiled eggs“ kommen. Leider sind die aber eher pouchiert und ohne Schale, so dass sie als Snack auf dem Weg ausfallen.

Zum Frühstück gibt es sogar Natto, das sind gekochte und mit Natto-Kinase fermentierte Sojabohnen. Sie riechen etwas streng und ziehen käseartige Fäden, wenn man die zerquetschten Bohnen mit den Essstäbchen durchrührt. Natto spaltet die japanische Nation: Während die einen sich ein Frühstück ohne Natto nicht vorstellen können, lehnen die anderen Natto strikt ab. Auch ein zusätzliches Würzen mit Frühlingszwiebeln und Senf (!) kann diese Leute nicht überzeugen, ja nicht einmal der gesundheitliche Nutzen kann sie motivieren, das Zeug in ihren Speiseplan aufzunehmen. Meine Wenigkeit übergießt Natto immer mit etwas Grünen Tee, dann schmeckt es ganz passabel. Es zieht dann keine Fäden, die überall kleben bleiben, nimmt aber eine etwas gewöhnungsbedürftige, gelartige Konsistenz an. Itadakimasu – guten Appetit!

Wir verlassen unsere gastliche Herberge und laufen durchs Dorf. Als wir an einem kleinen Lädchen vorbeikommen, will Hajo Kleber für seine Schuhe kaufen. Wir zeigen der Ladenbesitzerin die gebrochene Sohle von Hajo und abermals wird die freundliche Art der Leute deutlich. Da sie keinen geeigneten Kleber im Angebot hat, holt sie kurzer Hand eine Tube Gummikleber aus ihrem Privatbesitz. Nun sitzt Hajo vor ihrem Laden und versucht mit einem Spatel den Kleber in die Risse zu füllen. Leider wartet er nicht die angegebenen 10 Minuten und so nimmt das Unglück seinen Lauf. Wir wollen heute noch bis Tempel Nr. 17 kommen und vom Bahnhof Tokushima zurück nach Bando fahren, um die Ersatzschuhe von Hajo zu holen, die er im Deutschen Haus deponiert hat. Für den Superkleber verlangt die gute Dame keinen Yen, aber das schlechte Gewissen plagt uns und so kaufen wir noch etwas Wegzehrung bei ihr.
Als erstes steht der Bangai Tempel Nr. 2 auf unserer Liste, den können wir nur durch den Dōgakuji Tunnel erreichen. Unser erster Tunnel auf unserer Pilgertour, von denen noch etliche folgen werden.

Exkurs Bangai Tempel Nr. 2 Dōgakuji (童学寺)
Der Name „Tempel des Lernen in der Kindheit“ bezieht sich darauf, das Kōbō Daishi hier im Alter von acht oder neun Jahren seine erste Schulerziehung genoss haben soll bis er zum Universitätsstudium in die Hauptstadt ziehen musste. Obwohl es bezweifelt wird, dass Kōbō Daishi das berühmte Iroha Gedicht verfasst hat, gibt es hier eine Quelle, deren Wasser von Kindern der Umgebung für ihre Kalligraphie (Shodō) benutzt wird. Das Iroha Gedicht benutzt jede Silbe des japanischen Kana Silbenalphabets (47 Zeichen) nur ein einziges Mal und wurde früher verwendet, um Kindern dieses Alphabet beizubringen. Es fasst die Buddhistische Lehre mit einfachsten Worten zusammen:

i ro ha ni ho he to
chi ri nu ru wo
wa ka yo ta re so
tsu ne na ra mu
u yi no o ku ya ma
ke fu ko e te
a sa ki yu me mi shi
ye hi mose su

Obwohl die Farben (die Blüten) duften,
sie sind abgefallen.
Was ist im Laufe unserer Welt beständig?
Die fernen Berge des Wandels überschreiten,
gibt es keinen leichten Traum,
keine Haften im Rausch.

Auch dieser Tempel wurde im 16. Jahrhundert von Chōsokabe und seiner Armee niedergebrannt. Die heutige Daishi-Halle, welche früher die Haupthalle gewesen ist, stammt aus dem 16. Jahrhundert und die Figur des Yakushi Nyorai aus dem Hondō (Haupthalle) wird als "Nationaler Schatz" geführt. In einem kleinen Garten gibt es eine Quelle, in der schon Kōbō Daishi sein Pinsel getaucht haben soll, um das Iroha Gedicht zu schreiben.

Es gibt hier sehr viele Steinstatuen, so u.a. eine Sammlung, welche die 88 Tempel der Shikoku Pilgerreise symbolisiert, eine Sammlung der 20 Bangai Tempel und der 33 Tempel der Kannon Pilgerreise im Gebiet Kanto (um ōsaka; Saikoku Sanjūsan-sho). Es soll auch eine Darstellung eines schlafenden Kōbō Daishi zu finden sein, die zurückgeht auf eine Begebenheit, bei der er als Bettelmönch keine Unterkunft finden konnte und gezwungen war, unter einer Brücke zu schlafen. Doch dies ist eigentlich die Legende des Bangai Tempels Nr. 8, des Eitokuji. Als ich mir die Figur näher ansehe, denke ich so bei mir, dass das wohl eher ein schlafender Buddha als Kōbō Daishi ist. Neben der Haupthalle steht noch ein Gebäude das „Kankidō“ genannt wird, es ist der sexuellen Ekstase gewidmet, die der religiösen sehr verwandt sein soll. Die ist bei männlichen Pilgern sehr beliebt – natürlich der religiösen Ekstase wegen!

Da ich von Natur aus neugierig bin, teste ich einen Automaten auf dem „Omikuji“ steht. Doch anstatt einen Bund Weihrauchstäbchen für meine 100 Yen in Händen zu halten, die doch so gut riechen, erhalte ich einen Orakelzettel. Da ich nicht davon ausgehe, dass dieser Orakelzettel eine englische Übersetzung hat, wie ich es aus großen Schreinen kenne, stecke ich ihn ein. Vielleicht werde ich ihn, wenn ich besser Japanisch kann einmal lesen können, aber bis dahin wird das, was er mir vielleicht unter einer Abstufung von „Großer Segen“ bis hin zum „Großer Fluch“ verkünden wollte, wohl sein Geheimnis bleiben. Wir laufen zurück durch den Dōgakuji Tunnel und dann immer am Akui Fluss entlang bis wir zum Tempel Nr. 13, dem Dainichi, nebst angeschlossenem Schrein kommen.

Exkurs Tempel Nr. 13 Dainichiji (大日寺)
Dieser Tempel wird wie schon Nr. 4, „Tempel der großen Sonne“ genannt. Er wurde von Kōbō Daishi gegründet, dem bei einem sogenannten Goma Ritual, der kosmische Buddha Dainichi Nyorai auf einer lilafarbenen Wolke erschienen ist. Es gab zwei Nyorai Statuen, eine von Kōbō Daishi, die andere von dem Wandermönch Gyōgi beschnitzt. Ursprünglich waren Tempel und der Ichinomiya Schrein auf der anderen Seite der Straße eng miteinander assoziert, wurden jedoch in der Meiji Zeit, bei der offiziellen Trennung von Buddhismus und Shintoismus, wieder getrennt. Es gab eine Zeit, da wurden die shintoistischen Gottheiten als buddhistische Bosatsus verehrt. Aus dieser Zeit stammt auch die Hauptgottheit des Dainichiji, die 11-köpfige Kannon, die ursprünglich im Schrein verehrt worden ist. Während heute also Juuichimen Kannon Bosatsu (11-köpfige Kannon) im Tempel verehrt wird und Dainichi Nyorai eine Art Nebenstatue darstellt, ist die Nyorai Statue von Gyōgi im Schrein untergebracht. Auf dem Tempelgelände gibt es eine Shiawase Kannon (Kannon des Glücks) genannte Statue, die in zwei riesigen Händen untergebracht ist. Hier können die Pilger um Glück beten, ebenso wie beim Binzuru Daishi, der Wünsche erfüllen soll, wenn man ihn gleichzeitig reibt.

Binzuru ist einer der Arhats, also ein Jünger Buddhas, dem heilende Kräfte zugesprochen werden. Meist ist er in Form einer, leuchtend Rot bemalten, Statue dargestellt, die, wenn man die korrespondierenden Körperteile reibt, die Krankheit aus den betroffenen Bereichen vertreiben soll. Ebenso wie der Wächter der Kinder, Jizō, mit Lätzchen und Mützchen versehen, soll er Babys und Kleinkinder vor Krankheiten beschützen. Nun fürchte ich weder Krankheiten, noch hätte ich zurzeit irgendeinen anderen Wunsch, den es zu erfüllen gibt. Diese Tour gesund zu beenden hängt von mir ab und mit Kōbō Daishi als Wanderstock an meiner Seite, vertrau ich in meine und seine Stärke. Aber ein kleines Geschenk lasse ich dennoch beim Binzuru Daishi: Meine grüne Gebetskette (jōzu), die ich seit meinem letzten Japanaufenthalt trage. Sie ist das Symbol für mein Versprechen, nach Japan zurückzukehren. Jetzt muss ich mich aber etwas sputen, denn mir müssen, wenn wir heute noch nach Tokushima City kommen wollen, noch die Tempel 14 bis 17 besuchen. Bei der Stippvisite im tempeleigenen Toilettenhäuschen besteht übrigens die Gefahr, dass man sich den Kopf stößt, da der Weg durch einen Gang unter dem Tempelgang lang läuft.

Exkurs Tempel Nr. 14 Jōrakuji (常楽)
„Der Tempel des ewig Friedens“ wurde von Kōbō Daishi gegründet, nachdem ihm der "Buddha der Zukunft", Miroku Bosatsu, erschienen ist. Der Tempel brannte (Chōsokabe) mehrfach nieder, nur die Statue des Miroku überstand die Feuersbrünste unbeschadet. Der Legende nach trug eine Frau ihren verkrüppelten Ehemann fünfmal die Pilgerreise entlang, immer in der Hoffnung, der Ehemann würde geheilt werden. Bei der sechsten Runde schworen sie gemeinsam Selbstmord zu begehen, doch oh Wunder – als sie Tempel Nr. 14 betraten, war der Mann geheilt und sie konnten beide, gesunden Fußes, den Rest der Pilgerreise absolvieren. Der felsige Untergrund hier wird auch „Garten der Felsen des laufenden Wassers“ (Ryusuigan no niwa) genannt, man hat den Eindruck als befinde man sich auf dem Mond. Zwischen Haupthalle (Hondō) und Daishi-Halle (Daishidō) wächst ein Baum mit der lächelnden Statue des Araragi Daishi über den ich aber nichts finden konnte. Weitere „Wundertätige“ sind hier ein roter Binzuru (Medizin Arhat) und die 11-köpfige Kannon Statue, die der Pilgerin eine leichte Geburt gewähren soll. Als Souvenir kann man hier Essstäbchen erwerben, die einem ein langes Leben schenken sollen.

In diesem Tempel fragt mich eine Japanerin mit pinkem Fotoapparat, ob ich ein Foto von ihr machen kann. Natürlich komme ich der Bitte nach, da ich endlich mal wieder einen Satz in Japanisch verstanden habe. Pink schein ihre Lieblingsfarbe zu sein, da ihr komplettes Outfit diese Farbe hat. Ich führe sie unter dem Namen Pink Lady, ohne an die Apfelsorte zu denken, da ich ihr später nochmals begegnen werden.
Wir wollen gerade den Felsentempel verlassen, als ein Japaner mit Karton uns heranwinkt. Er verteilt Osettais – Pilgergeschenke - in Form von handgearbeiteten Stoffbeuteln, die mit Bonbons gefüllt sind. In meiner Karte habe ich mir Bangai Nr. 3 (Jigenji) gleich nebenan notiert, aber das ist wohl eine Fehlinformation. Wir fragen noch einige Pilger, die sich in der Gegend aufhalten, doch Fehlanzeige. Als ich eine lange Treppe finde, steige ich natürlich rauf, während Hajo es vorzieht ein Päuschen zu machen. Leider Sackgasse, am Ende der Treppe befindet sich zwar ein Rasthütte, aber kein Tempel. Ich habe ein Handy auf den Stufen gefunden, dass ich, in Ermangelung von anwesenden Personen, auf eine im Unterstand liegende Tasche lege. Vielleicht gehören beide Sachen dem gleichen Besitzer? Wenn nicht, dann wird derjenige hoffentlich wissen, wo man hier Fundsachen abgeben kann. Wir verwerfen die Idee, dass es hier den Bangai Tempel Nr. 3 gibt und laufen etwas gehetzt weiter, da wir noch bis Tempel Nr. 17 kommen müssen, wenn wir morgen von Tokushima aus die Ersatzschuhe für Hajo bei Tempel Nr. 1 holen wollen.

Exkurs Tempel Nr. 15 Kokubunji (国分寺)
„Der Tempel des offiziellen Staates“ wie es in der Übersetzung heißt, wurde von Gyōgi auf Geheiß des Kaisers Shomu gegründet, der für jede der damals 66 Provinz Japans einen offiziellen Provinztempel haben wollte. So war der Kokubunji für die Provinzen Awa/Tokushima zuständig, Tempel Nr. 29 für Tosa/Kochi, Tempel Nr. 59 für Iyo/Ehime und Tempel Nr. 80 für Sanuki/Kagawa zuständig. Ursprünglich ein Tempel des Hossōshu Budddhismus, unter Kōbō Daishi zum Shingon Buddhismus gewechselt und nach Niederbrennung durch Chōsokabe Truppen als Sōtō Zen Tempel (1742) wiederaufgebaut, wird bis heute die von Gyōgi geschnitzte Figur des Yakushi Nyorai verehrt. Es können hier Papier Amulette erworben werden, die an die Badezimmerwände geklebt, vor Termiten und anderem Unglück schützen sollen.

Wir wollen uns die Sache etwas einfacher machen und laufen einem Japaner mit orangem Rucksack hinterher. Als der jedoch quer durch die Felder stapft, müssen wir erkennen, dass er sich hier nicht auskennt. Er fragt noch ein paar Einheimische wie man zum Tempel Nr. 16 (Kannonji) kommt und wird uns nach dem Tempel verlassen, da er vom Bahnhof Kou aus nach Tokushima möchte und nicht wie wir noch Tempel Nr. 17 besuchen will.

Exkurs Tempel Nr. 16 Kanonji (観音寺)
„Der Tempel des Avalokitesvara“ bzw. Kannon Bosatsu wie er hier in Japan heißt, wurde 741 auf Befehl des Kaisers Shōmu gegründet, da er den Buddhismus im Land fördern wollte. Als Kōbō Daishi 816 hierher kam, schuf er die lebensgroße Kannon Statue mit den elf Gesichtern und als Wächter Statuen noch Fudō Myōō und Bishamonten.
Fudō Myōō ist der „Bewahrer der Lehre“. Er ist meist dreiäugig, mit zornverzehrtem Gesichtsausdruck und mehrarmig. Seine Werkzeuge sind das Schwert, zur Verteidigung der Lehre und der Hilfsbedürftigen, die Vajra (Donnerkeil) eine Art Kampfzepter, das Beil und Seil, um Dämonen zu bannen. Bishamonten, einer der 6 japanischen Götter des Glücks, ist eigentlich der Gott des Krieges bzw. Schutzpatron der Krieger. Er verteilt Reichtum, schützt vor Dämonen und Krankheiten und wird als Wächter der Himmelsrichtungen dem Norden zugeordnet. Er trägt volle Rüstung und einen Speer, meist tritt er auf einen am Boden liegenden Dämon. Beides keine friedvollen Bosatsus, sondern Wächter und harte Kämpfer für den Glauben. Weitere Statuen im Tempelgelände sind Yonaki Jizō, der Wächter der weinenden Kinder, und Mizuko Jizō, Wächter der ungeborenen Kinder. Wenn Yonaki Jizō ein rotes Lätzchen trägt, ist das der Dank eines Elternpaares, weil ihr Kind des Nachts nicht mehr weint. Hier gibt es auch wieder eine Legende, die auf eine Begebenheit im 19. Jahrhundert zurück geht. Damals wäre eine Pilgerin namens Shiyo fast bei dem Versuch verbrannt, die nasse Pilgerkleidung trocknen zu wollen. Sie nahm es als Strafe Kōbō Daishis auf, da sie in der Vergangenheit wohl nicht sehr rechtschaffen gelebt und ihre Schwiegermutter mit einem brennenden Stock maltretiert hatte. Sie spendete dem Tempel das Bild einer brennenden Frau, das andere davon abhalten sollte, die gleichen Fehler zu begehen wie sie.
Laut Tempelführer sollen hier immer wieder Krücken aufgestellt worden sein, die von geheilten Pilgern stammen. Doch bei meinem Besuch habe ich keine gesehen, ebenso wie ich das Bild nicht finden konnte. Dafür habe ich aber noch den roten Binzuru (Medizin Arhat) gesehen, den man kaum in seinem kleinen Häuschen erkennen kann, und einen Fußabdruck Buddhas (bussokuseki). Leider drängt die Zeit und ich habe keine Muße, mich weiter umzuschauen. Schnell noch schnell noch zum Tempel Nr. 17 (Idoji) und dann mit Bus nach Tokushima in die Jugendherberge.

Exkurs Tempel Nr. 17 Idoji (井戸寺)
Der Name „Der Tempel des Brunnens“ geht auf eine Begebenheit zurück, bei der Kōbō Daishi einen Brunnen mit seinem Wanderstab bohrte und so die Wasserknappheit der Gegend beheben konnte. Er soll seine Reflexion im Wasser auf einen Stein übertragen haben, dem Hikagiri Saishi. Der Brunnen ist 5 m tief und es bringt Glück, wenn man seine Spiegelung sehen kann und Unglück, wenn man es nicht sehen kann. Gegründet 673 von Kaiser Tenmu beherbergt der Tempel eine Vielzahl von Statuen. Die Hauptgottheit Shichibutsu Yakushi Nyorai, der Medizin Buddha, soll von einem Prinz Shōtoku geschnitzt worden sein, er u. a. auf dem 10.000 Yen-Schein abgebildet ist. Da er von 574 bis 622 lebte, bin ich mir aber nicht sicher, ob es die gleiche Person ist, oder ob man es wieder unter der Rubrik Mythen und Sagen abhaken sollte. Gyōgi hat die Statue von Nikko und Bakko Bosatsu geschnitzt, als Begleiter des Yakushi Nyorai, stehen sie für Sonnen- und Mondlicht.

Kōbō Daishi selbst hat eine 2,4 m große 11-gesichtige Kannon Statue, 12 Himmlische Generäle, die ebenfalls Yakushi Nyorai unterstützen, und 4 Himmelskönige geschnitzt, die für die vier Himmelsrichtungen stehen und zu denen auch, oben erwähnter Bishamonten zählt.
Zweimal komplett heruntergebrannt, brannte der Hondō (Haupthalle) das letzte Mal 1967 nieder und wurde 1970 nach Plänen eines modernen Architekten aus Beton wieder aufgebaut. Das Haupttor (Niōmon) mit den Wächterfiguren (Niō) soll das größte auf ganz Shikoku sein.

Als wir von der Telefonzelle auf dem Tempelgelände aus in der Jugendherberge anrufen, wird uns gesagt, dass sie für heute voll sind. Schade, aber im Tempelführer stehen noch weitere Adressen, die man vor Ort abklappern kann. Da es schon spät ist und langsam dunkel wir, wollen mit dem Bus, die Bushaltestelle liegt direkt um die Ecke, nach Tokushima fahren. Leider können wir den Fahrplan nicht lesen und fragen insgesamt 4 Japaner, vom älteren Herrn bis zum Fahrrad fahrenden Teenager, ob und wann der Bus fährt. Langsam wird es kalt, aber dann kommt endlich doch noch ein Bus. Aber zu früh gefreut, der Busfahrer winkt ab, vielleicht nimmt er uns auf der Rücktour mit? Schließlich und endlich landen wir dann doch noch in einem Bus, der uns zum Hauptbahnhof von Tokushima bringt. Auf dem Weg lernen wir einen jungen Japaner kennen, den wir fragen, ob er uns ein preiswertes Hotel empfehlen kann. Hajo lässt nicht locker, so dass der hilfsbereite Japaner uns zum Ryokan Sakura-ko führt, und noch bei der Auskunft den Bus für morgen nach Bando erfragt. Wir bedanken uns natürlich sehr herzlich und checken im Sakura-ko ein. Hier gibt es erstmal, wie in Japan üblich, Tee und Kekse, obwohl der Nachmittag schon lange vorbei ist. Für den größeren Hunger finden wir im Hauptgebäude des Bahnhofs ein Nudelsuppen Restaurant. Nach einem kurzen Abstecher in ein Sunkus Kombini, wo wie unser Frühstück dür morgen und Proviant einkaufen, kehren wir ins Sakura-ko zurück. Anhand der Schuhe, die hier stehen, folgere ich, dass hier viele Ausländer zu Gast sind, der Blick ins Gästebuch bestätigt meine Annahme: Fast nur Ausländer – kaum japanische Namen. Nach einer schnellen Dusche, das Ofuro war mir einfach zu heiß, geht es wieder in die Futons.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen